Ich schreib Dir Zeilen aus Blut – tief aus meiner Seele


Über ein Jahr ist es her, seit ich das letzte Mal einen Newsletter verschickt oder Blogartikel verfasst habe. Das hat es seit dem Beginn meiner Selbständigkeit vor mehr als 10 Jahren noch nie gegeben. Was war also los bei mir im Jahre 2020? Das schreib ich Euch in Zeilen aus Gold & Blut …

Ich schreib Dir Zeilen aus Gold
Schreib’ aus meiner Seele
Ich schreib’ Dir Zeilen aus Blut
Und ich hoffe, du fühlst es.
(Xavier Naidoo – HIER der Link zu diesem großartigen Song)

Das Jahr 2020 hat all die Dinge auf den Tisch gebracht, die ich vorher versucht habe, noch immer unter dem berühmten Teppich zu verstecken unter den man unangenehme Dinge bewusst oder unbewusst kehrt.

Mein Fazit diesmal schon am Beginn:
Alles was man in wichtigen Beziehungen verabsäumt zu klären oder zu investieren, trifft einen früher oder später wie ein Boomerang. 

… und zwar umso heftiger, je länger der Boomerang Zeit hatte, Fahrt aufzunehmen.

Im Außen kam es in meinem Leben unter anderem zu folgenden äußeren Begebenheiten:

  • Nach 3 Jahren Trennung die entgültige Scheidung von meiner langjährigen Frau und Mutter meiner Kinder Paulina
  • weitere Trennungserfahrungen in anderen Partnerschaften
  • 3 Umzüge innerhalb von 12 Monaten
  • eine erschütternde Krise mit meinem älteren Sohn

Diese äußerlich sichtbaren Einschnitte sind natürlich begleitet von inneren Prozessen, Themen und vor allem heftigen Emotionen. Wie in einer Waschmaschine wurde alles mögliche aus meinem Inneren herausgewaschen wie zB:
Verlassenheitsängste, Angst vor Einsamkeit, schmerzliche Auseinandersetzungen mit dem Allein-Sein, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Wut, Trauer, Schuldgefühle, Scham, der Kampf mit dem Verurteilt-Werden, das Gefühl Niederlagen zu erleiden, falsch von anderen wahrgenommen und interpretiert zu werden und es nicht richtig stellen zu können, üble Nachrede, Verletzung von Würde und Integrität, Eifersucht, Neid …

Alles was ich jemals über innere Arbeit und Beziehungsarbeit gelernt und erfahren habe, wurde auf die Probe gestellt. Und verdammt nochmal – ich bin gefühlt immer und immer wieder – an meinen eigenen Ansprüchen – gescheitert. ICH, der seit Jahren tagtäglich Menschen genau in diesem Lebensfeld berät, berührt und begleitet. “Gerade ICH hätte es besser machen müssen” sagt die Stimme des inneren Kritikers in mir. In diesen Momenten hilft mir dann manchmal ein Zitat von Theodore Roosevelt:

“Es ist nicht der Kritiker, der zählt, nicht derjenige, der aufzeigt, wie der Starke gestolpert ist oder wo der, der Taten gesetzt hat, sie hätte besser machen können. Die Anerkennung gehört dem, der wirklich in der Arena ist; dessen Gesicht verschmiert ist von Staub und Schweiß und Blut; der sich tapfer bemüht; der irrt und wieder und wieder scheitert; der die große Begeisterung kennt, die große Hingabe, und sich an einer würdigen Sache verausgabt; der, im besten Fall, am Ende den Triumph der großen Leistung erfährt; und der im schlechtesten Fall des Scheiterns zumindest dabei scheitert, dass er etwas Großes gewagt hat.”

JA – bei allen Gefühlen von Niederlage und Unzulänglichkeit die mich manchmal beschleichen, kann ich mir nur immer wieder zu Gute halten, dass ich mich tapfer bemühe … und nicht aufgebe …

Und wenn man aus solchen Zeiten irgendetwas gewinnen kann, dann sind es Lebenserfahrungen und Erkenntnisse – über sich selbst, die Welt und im letzten Jahr vor allem über das Wesen von Beziehungen. Und die Hoffnung, dass das letztlich mich und all die Menschen, die mit mir in Beziehung treten in Zukunft noch mehr bereichern wird.

Ein paar dieser Erkenntisse möchte ich gern mit Euch teilen:

1) Kümmere Dich um deine Beziehungen – inkl. der zu Dir selbst

Man könnte fast sagen, dass LEBEN an sich ein Netz aus unzähligen bewussten und unbewussten Verbindungen und Beziehungen ist. Dazu zählt die Beziehung mit sich selbst (seinem Körper, seinen Emotionen, seinen Gedanken und dem Raum aus dem das alles entspringt), mit anderen Menschen und den kleinen und großen sozialen Strukturen in die wir eingebunden sind, mit der Natur und ihren steinernen, pflanzlichen, tierischen und anderen Lebensformen, mit dem Universum und dem “Großen und Ganzen”.
Unsere Lebensumstände sind von uns zwar nicht direkt nach Belieben wählbar, aber wir können sie oftmals im Rahmen gewisser Grenzen gestalten. Tun wir das nicht, dann werden wir gestaltet. Pflegen und gestalten wir diese Beziehungen also nicht bewusst in einer angemessenen Weise, weil wir denken, dass wir uns von ihnen einfach abschneiden können, weil sie einfach so von selbst laufen oder isoliert und frei von wechselseitiger Abhängigkeit existieren, dann wird uns das irgendwann einmal einholen und wie ein Boomerang treffen. Oftmals dann, wann wir es gerade am wenigsten brauchen.

Zur Pflege von Beziehungen zählt nicht nur eine angemessene Nähe, sondern auch eine angemessene Distanz. Jede Art von Beziehung braucht einen wärmenden Schutzraum von Nähe und Intimität genauso, wie die Weite der Freiheit und Luft zum Atmen. Diese Freiheit bringt uns zu Punkt 2:

2) Die Freiheit und die Würde eines Menschen sind unantastbar.

Ein großer Satz – der Artikel 1 der Menschenrechte und unseres Grundgesetzes. Ein einfacher Satz und doch schwierig zu praktizieren.
Dieser Satz heißt nämlich, dass ich keinen Menschen zu etwas zwingen kann – selbst wenn allen anderen rund um diesen Menschen klar ist, dass er / sie sich besipielsweise gerade selbst schadet oder langfristig selbst zerstört. Es heißt aber umgekehrt auch, dass MICH keiner zu irgendetwas zwingen kann – sofern ich bereit bin, den Preis der daraus erwachsenen Konsequenzen zu zahlen.

Für unser Hirn ist das vielleicht einfach zu verstehen und ihr denkt jetzt vielleicht “Ja eh”. Aber das auch wirklich zu fühlen und zu verkörpern ist noch einmal eine andere Geschichte. Eine Geschichte, die besonders schwierig ist bei Menschen die uns sehr nahestehen wie enge Freunde, Eltern, Kinder, unsere PartnerInnen usw.
In brenzligen Momenten nicht auf bewährte Methoden, der physischen oder psychischen Gewaltausübung zurückzugreifen (und zwar nicht mal ganz subtil) um unsere Bedürfnisse durchzusetzen – wie zB Druck ausüben (zB Drohungen, Liebe oder Kontakt entziehen…), Manipulation (zB ein schlechtes Gewissen machen), Erpressung oder Überredung ist mehr als schwer.Das zwingt uns dazu, uns mit unseren Gefühlen von Angst, Trauer und Ohnmacht auseinanderzusetzen.

Was heißt es für Dich – sowohl im Umgang mit Kindern (natürlich altersgemäß) als auch mit Erwachsenen, den Menschen ihre Freiheit und Würde zu lassen und wie rebelliert dein System manchmal innerlich dagegen? Welche Strategien setzt Du dann unbewusst ein? Was willst Du in Zukunft vielleicht anders tun?

3) Selbstwirksamkeit ist nicht abhängig von der Reaktion unseres Gegenübers

Was ich gerade in der aktuellen Krise mit meinem älteren Sohn lernen darf ist auch, dass mein selbstwirksames Handeln nicht abhängig davon ist, ob es beim Gegenüber Wirkung erzielt oder nicht. Natürlich wünschen wir uns alle, dass wir mit unserem Denken, Fühlen und Handeln unser Gegenüber erreichen und eine gewisse Resonanz entsteht. Jedoch kann mich auch beim völligen Abblocken meines Gegenübers und dem Respektieren seiner Würde und Freiheit keiner daran hindern, Beziehungsangebote zu machen und meinen Teil zur Beziehung beizutragen.

Ich merke gerade, wie ich bisher in engen Beziehungen meist stark von der Reaktion meines Gegenübers abhängig war und dass ich mich oft äußerlich oder innerlich enttäuscht, beleidigt oder verletzt zurückgezogen habe, wenn ich jemanden nicht erreichen konnte. So nach dem Motto “Dann halt nicht – dann kümmere ich mich halt wieder um meinen eigenen Kram”. Jetzt übe und erfahre ich gerade, wie ich in meiner Präsenz bleiben kann, auch wenn mein Handeln auf Mauern stößt. Das gibt mir das Gefühl von Selbstwirksamkeit zurück.

4) Schuld ist ein Hindernis für wahre Präsenz

Diese Präsenz die ich im letzten Punkt angesprochen habe, erfordert es – wie es das Wort ja auch schon beinhält, ganz da und gegenwärtig zu sein – im Hier und Jetzt. Das gelingt schwer, wenn man immer wieder mit Schuldgefühlen kämpft, in denen man sich ja auf ein Handeln in der Vergangenheit bezieht. Und wenn ich in der Vergangenheit bin, dann kann ich nicht ganz im Hier und Jetzt sein. Deshalb ist die Transformation von Schuld in Verantwortung einer der wichtigsten Schritte um nach “Fehlern” die man tatsächlich oder vermeintlich gemacht hat, in seine Präsenz und Selbstwirksamkeit zu kommen. Wenn ich nämlich nicht in Schuldgedanken festhänge, also an Handlungen in der Vergangenheit die sich nicht mehr ändern lassen, sondern in die Ver-ANTWORTUNG gehe, kann ich im HIER und JETZT eine richtige ANTWORT geben auf die Dinge, die gerade wichtig sind. Und auch die Wirksamkeit des Entschuldigens für uns ist – wie unsere Selbstwirksamkeit – nicht abhängig davon, ob sie unser Gegenüber annimmt oder nicht.

5) Ein starker Baum braucht starke Wurzeln

Ich habe durch die vielen Umzüge im letzten Jahr gemerkt, wie wichtig es ist, sich eine Home-Base zu schaffen. Seit dem ich vor 2 Monaten endlich eine eigene Wohnung gefunden habe, hab ich das Gefühl, dass mir das den Raum und die Möglichkeit bietet, wieder mehr zur Ruhe zu kommen und meine eigene Stabilität zu finden. Doch es ist nicht nur ein eigener Raum, den man sich so gestaltet, dass man sich wohl fühlt. Es ist auch das Gestalten des erweiterten Umfeldes. Ein Baum hat ja auch nicht nur eine Wurzel sondern ganz viele, die sich verzweigen und an unterschiedlichen Stellen in der Erde Halt finden. So sind es auch andere Dinge die uns ein Gefühl von Heimat und Anbindung geben können:
Das Aufgehoben-Sein in einem Netz unterstützender und nährender Beziehungen (darum ist Punkt 1 ja auch so wichtig), das Aufsuchen von Orten an denen man gut zu sich kommen kann, der Kontakt mit der Erde unter uns, der Natur um uns oder dem weiten Himmel über uns, der es uns ermöglicht wieder gut zu uns zu kommen, ein Wirken das uns inspiriert – egal ob das ein Hobby ist, eine ehrenamtliche Tätigkeit, politisches Engagement oder ein uns erfüllender Beruf, das Eingebettet-Sein in kleinere oder größere gleichgesinnte (Interessens-)Gemeinschaften das Inspiration und das Gefühl geistiger Heimat bieten kann, das Schaffen oder Genießen von Kunst und Kultur, das uns mit unseren schöpferischen Kräften in Verbindung bringt.
All das stärkt unsere Wurzeln, die wichtig sind, um in stürmischen Zeiten Halt  und Haltung bewahren zu können.

Es gab dieses Jahr aber auch eine Menge erfreuliches:

  • So blicke ich trotz der Corona-Zeit auf ein erfülltes Arbeitsjahr zurück, in dem ich wieder viel lernen konnte und unglaublich bereichernde und tiefgehende Begegnungen und Beziehungen mit einer Vielzahl an mutigen Menschen erleben durfte.
  • Auch der erste Jahrgang der Liebesschule – meinem Jahrestraining für Intimität, Eros & Beziehung – konnte trotz allen äußeren Umständen (bis auf das letzte Modul) stattfinden und hat meine Erwartungen noch übertroffen. Danke an alle TeilnehmerInnen und mein Team, dass ihr es möglich gemacht habt, dass wir uns in diesem schweren Jahr gegenseitig so unterstützt und bereichert haben. Ich freu mich, im Herbst dieses Jahres dann mit dem zweiten Jahrgang starten zu können. Voranmeldung ab sofort möglich.
  • Wie schon oben beschrieben, habe ich eine neue Wohnung in Gehdistanz zu meiner Praxis, in der ich mich sehr wohl fühle und die es mir ermöglicht nach sehr stürmischen Jahren, noch mehr zu mir selbst zu finden.
  • Ende letzten Jahres hab ich endlich allen Mut zusammengenommen und arbeite an meiner Stimme und den Unsicherheiten und Ängsten die damit im Zusammenhang stehen. Tausend Dank an Mona, die mich auf dieser Reise in so einer unglaublich liebevollen und kompetenten Weise begleitet. Mona macht Tantra für die Stimme 😉 Check out her website!
  • UND ich hab angefangen Klavier zu spielen, was mir unheimlich viel Freude bereitet.
  • Zuguterletzt hab ich mir etwas gegönnt, das ich mir die letzten 20 Jahre verwehrt habe. Ich hab mir eine Auszeit genommen. So biete ich bis voraussichtlich Ende März keine Termine in meiner Praxis an. Und hoffe dadurch, mich wieder mehr mit meinem kreativen Flow verbinden zu können, aus dem ja letztlich jeder Artikel entspringt. So dass ich Euch in Zukunft wieder mehr Zeilen aus Gold schenken kann.

Lasst mich ruhig hören wie es EUCH geht. Ich freu mich über Kommentare, Emails und / oder Post.

Alles Alles Liebe und ein GUTES Jahr in dem wir alle unsere Selbstwirksamkeit finden – auch im Angesicht der äußeren Umstände.

Euer Manuel


 

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