Die Liebe als treibende Kraft im Systemwandel


“Eine humane Welt kann nur entstehen aus geöffneten Herzen. In diesem Sinne können wir sagen: Der archimedische Punkt für die Verwirklichung eines Systemwandels auf der Erde ist die Liebe. Es kann in der Welt keinen Frieden geben, solange in der Liebe Krieg ist.”
(Dieter Duhm)

Egal auf welchen Bereich der Gesellschaft wir schauen – ob Politik, Bildung, Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit oder Recht  – was in allen Bereichen für einen tiefgreifenden Systemwandel fehlt, ist eine wirkliche Hinwendung zu Kooperation, Vertrauen und Gemeinschaftsgefühl. Im Kern könnten wir auch sagen – “Es fehlt die Liebe”. Insofern hat Dieter Duhm recht, wenn er sagt, dass der archimedische Punkt für einen Systemwandel auf der Erde, die Liebe ist. 
Der Visionär Charles Eisenstein drückt es auf seinem – von den Pioneers auf Change veranstalteten – Vortrag in Wien ähnlich aus in dem er sagt:

“Zur Rettung der Erde brauchen wir eine neue Geschichte – eine Geschichte des “Inter-Beings”
(= die wechselseitige Verbundenheit alles Lebendigen).
(Charles Eisenstein)

Viele Menschen spüren heute den Ruf, etwas zu einer tieferen Veränderung in den genannten Bereichen beizutragen – ich persönlich fühle mich dazu gerufen, beim für mich Naheliegensten anzufangen – bei der Liebe selbst, die der Mensch heutzutage (leider) fast ausschließlich in der Paarbeziehung verortet sieht. Und dort liegt mein Ausgangspunkt. Ich möchte für einen Klimawandel in der Liebe sorgen. Wenn wir die Liebesbeziehungen verändern, dann können wir die Liebe von dort aus auch mit hinausnehmen in alle anderen Lebensbereiche. Denn Liebe ist keine rein private Angelegenheit. Liebe und Sex sind politische und revolutionäre Themen. Wenn wir die Art und Weise wie wir Lieben und Liebe Machen ändern, ändern wir automatisch auch die Art und Weise wie wir Leben.

“Lieben lernen heißt Leben lernen”

Die Geschichte der Trennung als Bürde der Paarbeziehung

In der geschichtlichen Entwicklung hat sich der Mensch immer weiter und feiner differenziert und spezialisiert – was uns heute dazu befähigt, eine Vielfalt an den unglaublichsten Dinge zu vollbringen – im Guten wie im Schlechten. In diesem Prozess hat sich der Mensch auch immer stärker individualisiert und von verschiedenen Kontexten gelöst, in die er früher natürlicherweise eingebunden war – allem voran von seiner Spiritualität, von der Natur und von einem Leben in Gemeinschaft. Diese Punkte führten dazu, dass wir in dieser Hinsicht einen gewissen Halt und ein Gefühl von Verbundenheit verloren haben. Diesen Mangel an Angebunden- und Eingebunden-Sein, versuchen wir heute vor allem in der Paarbeziehung zu kompensieren, was Partnerschaften unserer Zeit eine nie zuvor bekannte Bürde auflastet. Erfahrungen aus meinen Praxisjahren in der Arbeit mit Paaren zeigen, dass sich Liebesbeziehungen oft in einem kunterbunten Wirrwarr an unterschiedlichen Vorstellungen, Bildern und Begrifflichkeiten verwickeln und lauthals nach mehr Klarheit in der Liebe schreien.

Solve e cuagola

So habe ich mit den Paaren, nach dem alchemistischen Grundsatz von “solve e cuagola” (lösen und verbinden) – begonnen, Liebesbeziehungen auseinanderzunehmen, in verschiedene Bereiche aufzuteilen und dort mehr Klarheit  hineinzubringen, um sie dann – transformiert und veredelt – wieder zusammenzusetzen, so dass sie am Ende etwas GANZES – und oft auch etwas GANZ ANDERES sind.
Wissenschaftliches Backup für diesen Ansatz bekam ich dann auch vom bekannten Neurobiologen Dan Siegel:

“Bevor eine Integration von Teilen zu einem harmonischen Ganzen stattfinden kann, muss eine Differenzierung gefördert werden.
(Dan Siegel – Zitat aus seinem Buch: “Mindsight”)

3 Felder der Liebe

So arbeite ich in der Praxis mit 3 Feldern, hinsichtlich derer die meisten Menschen heutzutage in einer Liebesbeziehung Erfüllung finden wollen:


INTIMITÄT
  
die Fähigkeit zu vertrauter
Nähe und Verbundenheit.

EROS
die sinnlich, lustvolle Kraft intensiver Anziehung & Leidenschaft.

BEZIEHUNG
ein starkes Commitment mit einer gemeinsamen Grundausrichtung.

Wollten wir ein Bild skizzieren, dann ware INTIMITÄT wie das WASSER, welches die innige Verbundenheit vieler Wassertropfen darstellt, EROS wie WELLEN, die sich aus dem Wasser auftürmen und leidenschaftlich miteinander spielen und BEZIEHUNG wie ein BOOT, welches uns auch bei stürmischer See sicher übers Meer bringt.

Diese 3 Felder der Liebe entsprechen auch der ganzheitlichen Sicht auf den 3-teiligen Menschen:

Felder der Liebe


Diese 3 Felder der Liebe haben jeweils ihre eigene “Grammatik” und gleichzeitig hängen sie zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Obwohl alle drei Komponenten eigenständige wichtige Teile von Liebesbeziehungen sind,  kann deren Wichtigkeit von Beziehung zu Beziehung unterschiedlich gewichtet sein oder auch mit der Zeit innerhalb einer bestimmten Beziehung variieren.

Die Geschichte der Liebe & Geschichten der Liebe

Die Art und Weise wie wir als Kollektiv Liebe und Liebesbeziehungen leben und erleben, hängt in einem großen Ausmaß davon ab, welche Geschichten wir uns über die Liebe erzählen und für wahr halten. Diese Geschichten sind sehr starkt zeit- und kulturabhängig.

Sie werden gefüttert durch Märchen die wir ganz früh gehört haben, Storylines im Fernsehen und anderen Medien, in Romanen, im Beobachten von anderen Beziehungen, der Art von Beziehung die uns unsere Eltern oder Verwandten vorgelebt haben, den Austausch mit Menschen über deren Beziehungen usw. Indem wir diesen Geschichten ausgesetzt sind, formen sich in uns unsere eigenen Geschichten darüber, was Liebe ist und wie Liebe sein sollte. Die Geschichten verschiedener Partner passen mehr oder weniger zu unseren eigenen Geschichten und die Wahrscheinlichkeit enge Bindungen lange aufrecht zu erhalten, steigt mit dem Maße, indem sich unsere Geschichten decken oder gut ergänzen.

Es war nicht immer so, dass Menschen die Erfüllung aller 3 Felder in einer “Liebesbeziehung” anstrebten – im Gegenteil. Gemessen an der Dauer der Menscheitsgeschichte ist unser modernes (romantisches) Liebesbild, gerade erst ein Neugeborenes.

Ein Abriss über die Kulturgeschichte von Intimität, Eros & Beziehung bringt interessante Fakten an den Tag:

* Feste Beziehungen & Sexualität verfügen kaum über geschichtliche Kontinuität. Das heißt Sexualität & Ehe wurden meist getrennt gesehen und gelebt – in sogenannten Lebenspartnerschaften einerseits und Sexualbeziehungen andererseits. Erst seit ca 200-250 Jahren versucht man sie zusammenzuführen.

* Auch Ehe & Liebe wurden meist getrennt gesehen und gelebt. Der Hauptzweck von Beziehung / Ehe war über die meiste Zeit in der Geschichte, die Sicherung der Existenz – nicht die Erfüllung emotionaler oder romantischer Bedürfnisse.

* Liebe und Sexualität waren nie in eine feste Form gegossen. Das hat sich geschichtlich und kulturabhängig immer gewandelt.

(aus dem Buch: Fünf Lügen die Liebe betreffend”)

Liebe gestalten

FAZIT daraus ist, dass unsere modernen Liebesbeziehungen in gewissem Sinne erst seit kurzem zu einer starken und fesselnden Geschichte geworden sind und Beziehungen deshalb vor Herausforderungen stehen, wie nie zuvor. Auf der anderen Seite sind wir in unserer Gesellschaft noch nie mit einer so großen Freiheit gesegnet wie zuvor (was existenzielle Bedrohungen angeht) und damit haben auch unsere Beziehungen einen so großen Gestaltungsspielraum wie nie zuvor – vorausgesetzt wir werden uns bewusst darüber und wollen diesen auch nutzen. Und überlegen uns vor allem WOFÜR wir ihn nutzen wollen.

Wenn wir uns dessen bewusst werden und damit meine ich, es nicht nur zu denken, sondern wirklich zu FÜHLEN, dann heißt das, dass es keine zwingende Orientierung im Außen gibt, sondern DU Dir Dein Skript für deine “Liebesbeziehungen” selbst schreibst – mit von Dir gewählten Co-AutorInnen. Und dass Du durch die Art wie Du diese lebst, Gesellschaft und Kultur mitgestalten kannst. Eine Kultur beispielsweise, die das Gelingen der Liebe, und Grundwerte wie Vertrauen, Lebenslust & Kooperation fördern. Wenn Du die Liebe und mit Liebe gestalten kannst, dann kannst Du ALLES gestalten.

Forschungsfragen

Um dazu immer mehr und immer kunstvoller fähig zu werden, lohnt es sich, gemeinsam mit anderen Menschen zu erforschen, was wir in der Liebe überhaupt wollen. Indem ich den Menschen eine Landkarte mit den 3 Feldern INTIMITAT, EROS & BEZIEHUNG an die Hand gebe (in denen das Wort Liebe absichtlich nicht vorkommt), kann das Wort Liebe selbst einmal aus der Schusslinie genommen werden kann und so Zeit und Raum bekommen, einmal durchzuschnaufen. Was sie dringend nötig hat – angesichts dessen, dass die Liebe heutzutage für alles mögliche und unmögliche gebraucht und mißbraucht wird. Ich halte Menschen dazu an, nachzudenken und nachzuspüren, wie es um diese 3 Bereiche in ihrem Liebesleben steht bzw wie sie zu diesen 3 Bereichen stehen, damit sie sich bewusst werden können, wie es um ihre “Geschichte der Liebe” steht.

Dazu dienen Fragen wie:
Wie ist deine Fähigkeit zu Nähe? Was sind deine Sehnsüchte in der Intimät? Traust Du Dich diese auszusprechen?

Was sind deine Bedürfnisse in der Sexualität? Kennst Du sie überhaupt? Kannst Du dafür eintreten?  
Wie frei kannst Du deinen Eros ausdrücken?

Welches Bild entsteht in Dir, wenn Du an Beziehung denkst? Hast Du das Gefühl, dass Du Beziehungen sowohl gestalten kannst, als Dich auch von ihnen gestalten lassen kannst? Wie wichtig ist Dir Verbindlichkeit? Wo gibt es Grenzen?

Wie erlebst Du das Verhältnis zwischen den Bereichen Intimität, Eros & Beziehung. Was ist Dir besonders wichtig? Was weniger? Wie ändert sich das – abhängig von anderen Personen?

Wenn Klarheit in diese 3 Bereiche kommt und sowohl Wünsche als auch Hindernisse in der Wunscherfüllung adressiert werden können, dann setzen wir oftmals das Puzzle zusammen mit der Frage:

Was ist DEIN derzeitiges “Liebesbeziehungsbild”?

Und dann die Frage, ob Du das Liebesbeziehungspuzzle deines Partners  / deiner Partnerin gut genug kennst? Wie passen eure Bindungsstrukturen, eure Begehrensstrukturen und eure Lebensentwürfe zusammen?

Eine Gesellschaft aufbauen, die die Liebe fördert

Wie kann es sein, dass in den Schulen alles mögliche als Pflichtmenü auf der Karte steht – nur nicht das Lernen von Liebe, Vertrauen, Kooperation, Empathie, Sexualität (abseits des rein funktionalen Aufklärungsunterrichts) und Beziehungsfähigkeit. Es ist kein Wunder, dass Liebe & Beziehungsfähigkeit Mangelware sind, wenn wir in dieser Hinsicht nicht einmal “alphabetisiert” werden. An dieser Stelle möchte ich ein Zitat des Begründers der Individualpsychologie – Alfred Adler – anführen.

“Von Natur aus hat der Mensch die Fähigkeit, in Harmonie mit den Netzwerken der Systeme zu leben in die er hineingeboren wurde – mit Familie, Gesellschaft, der Menschheit, dem Planeten, dem Kosmos. Das ist die Fähigkeit zum Gemeinschaftsgefühl. Gemeinschaftsgefühl wird aber nicht automatisch ausgebildet. Es ist eine angeborene Möglichkeit, die es bewusst zu entfalten gibt.”
(Alfred Adler)

Welches Leitbild und welches Bildungsangebot auf allen Ebenen muss ein Staat, eine Gesellschaft, eine Gemeinschaft entwickeln und fördern, damit sich diese angeborene Fähigkeit entfaltet und aufblüht – und nicht verkümmert oder ums Überleben ringt.

Eine mögliche, wenn auch etwas utopische Antwort darauf gibt der Roman “Die Insel der Linkshänder”, in der der französische Autor Alexandre Jardin  eine fiktive Gesellschaft auf einer geheimen Insel beschreibt (auf die Franzosen und Engländer ausgewandert sind), in der sich jede Entscheidung im Großen und Kleinen danach richtet, ob sie der Liebe (und damit dem Leben) dient oder nicht. Um der Liebe treu zu bleiben und ihr wieder und wieder neues Leben einzuhauchen, haben die Bewohner der Insel ein Feuerwerk an lustiger, sinnlicher und tiefgreifender Ideen entwickelt, die dann entstehen können, wenn Menschen zusammenkommen, die von einer starken gemeinsamen Vision getragen und gezogen werden.

Wir brauchen einander

Wir brauchen nicht nur als EInzelwesen, sondern auch als Gesellschft eine neue gemeinsame Vision – ein neues kollektives Liebesbild. Wir brauchen nicht nur die Arbeit in uns und an uns selbst, sondern auch die Schaffung gesellschaftlicher Strukturen die unsere innere Veränderung nährt und unterstützt.

Charles Eisenstein hat es bei seinem Vortrag in Wien sehr schön ausgedrückt, indem er sagte:
“Wir brauchen einander – um uns gegenseitig in einer neuen Geschichte zu halten!”

Die Liebesschule & die Liebeslernorte

Wir haben im letzten Jahr – inspiriert durch unsere eigenen Erfahrungen, sowie Menschen und Gemeinschaften, die sich schon länger dem Aufbau einer neuen Liebes- und Vertrauenskultur widmen (wie dem ZEGG nahe Berlin und Tamera in Portugal) – die Liebesschule & die Liebeslernorte in Wien gegründet – im Versuch, ein Angebot zu kreieren, welches beides ermöglicht:

* ein persönliches Forschen und Wachsen in der Liebe und
* die Schaffung einer Gemeinschaft in deren Zentrum die Liebe steht und die persönliches Wachstum unterstützt – unter Menschen die sich gegenseitig in einer neuen Geschichte des “Inter-Beings” halten.

Die Liebesschule ist ein Jahrestraining in 7 Wochenendmodulen, das sich dem Erforschen von Liebe, Sexualität & Beziehung widmet. Es geht um ein tiefes Selbsterkennen wo man in diesen Lebensbereichen steht, sowie

die Entfaltung der eigenen Liebesfähigkeit,
… das Erblühen der eigenen Sexualität und
… den Aufbau tragfähiger Beziehungen.

Liebeslernorte sind offene Abende in denen Menschen auf eine Weise zusammenkommen, dass es der wechselseitigen Entwicklung und Heilung dient. In Tamera (Portugal) hat man dafür auch den Begriff der „Heilungsbiotope“ entwickelt. Entscheidend ist das Vertrauen zwischen allen Beteiligten, denn Vertrauen ist die Grundlage der Heilung. Einer der wesentlichsten Teile von Heilungsarbeit liegt darin, soziale Strukturen aufzubauen, wo Frauen und Männer sich verständigen, sich zuhören, ihre Wesen, Wünsche, Körper, Emotionen und bewussten und unbewussten Gedanken kennenlernen und eine Kultur erschaffen in der alles Leibliche, Sinnliche, Sexuelle, kurz wo alles LEBENDIGE sich frei bewegen kann und somit der Liebe förderlich ist.

Inhaltlich dienen die Liebeslernorte – nomen est omen – dem Lernen über die Liebe und ihre 3 Kernbereiche – Intimität, Sexualität und Beziehung. Sie beschäftigen sich mit den Inhalten der Liebesschule und kreieren gemeinsam mit dem Jahrestraining ein Feld der Liebe und des Friedens, welches eine der Grundvoraussetzungen für einen grundlegenden Systemwechsel ist.

“Unsere Vision ist das Gestalten einer neuen Lebens- und Liebeskultur in unserer Gesellschaft, in  der wir miteinander sowohl Verbundenheit als auch Freiheit leben und erleben können. Mit vereinten Kräften und Herzen, können wir die erste Generation sein, der dieses alchemistische Kunstwerk gelingt.”

Wie möchtest DU Liebe und ihre 3 Felder leben & gestalten?

Für  mehr Infos zur Liebesschule & den Liebeslernorten, klicke auf das Logo:

     

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