Teil 1: Burnout – wenn Sinn, Rhythmus & Zeit erlöschen

Ein echtes Burnout ist die Endstation eines langanhaltenden, arbeitsbedingten Erschöpfungszustandes, der ernst zu nehmen ist und mitunter lebensbedrohlich sein kann. Wenn auch nicht lebensbedrohlich – sind frühere Stadien zumindest lebensfeindlich. Es erfolgt ein immer größerer Substanzverlust der das typische Gefühl von „Ausgebrannt-Sein“ zur Folge hat. Die Lebenskraft ist geschwächt und die Reserven aufgezehrt.

Burnout zeigt sich auf allen Ebenen menschlichen Erlebens:

Körper: Schwäche & Erschöpfung
Psyche: Lustlosigkeit & Leere
Geist: Interessens- und Initiativeverlust

Auf einer noch höheren oder grundlegenderen Ebene erfolgt ein Sinnverlust, eine innere Leere und dadurch eine Orientierungslosigkeit die dann oft in eine Art von Depression mündet.

Was macht uns Menschen im Kern aus?

Ein primäres Kennzeichen unseres Mensch-Seins ist unsere Suche nach dem Sinn oder unser „Wille zum Sinn“ wie Viktor Frankl es nennt. Wenn der Sinn fehlt bleibt dieses elementare Streben nach Erfüllung unterernährt und der Mensch wird früher oder später körperlich oder seelisch „krank“.

Man könnte also sagen, dass der Verlust von Sinn nicht (nur) eine Folge von chronischer Erschöpfung und Burn-Out ist, sondern (auch) seine primäre & tiefste Ursache. Diese wird von anderen Umständen – die wir später erörtern werden – begünstigt.

Der Weg ins Burnout

Durch das Fehlen oder „Aus-den-Augen-verlieren“ eines tieferen Sinnes in meinem Tun, gehe ich einer Tätigkeit nach, die mich nicht erfüllt – ich gebe meine Lebenskraft – aber es fließt nichts zurück. Ich handle also – zumindest unbewusst – in einem „um-zu“-Modus (um Geld zu verdienen, um Anerkennung zu bekommen, um mich wertvoll zu fühlen…) und beziehe den Wert nicht aus der Tätigkeit oder meinem Sein selbst. Ich verliere so immer mehr die Beziehung zu meinem TUN und meinem Leben.

Dieser Verlust von Verbindung mit dem Leben und das fehlende innere JA zu meinem Schaffen erzeugt sowohl Stress – als auch eine doppelte Beziehungsarmut. Ich verliere sowohl das Gefühl für eine wertvolle, sinnerfüllte Beziehung zur Außenwelt (zu Menschen, Dingen, der Natur…) – als auch die Beziehung zu mir selbst und meinem tiefsten Inneren in dem ich ja sonst spüren müsste, dass etwas mit meiner Lebensgestaltung nicht stimmt – nicht „stimmig“ ist.

Dieser Verlust treibt mich in die Isolierung und eine innere Leere, die im Endstadium als völliges Ausgebrannt-Sein oder als Depression erlebt wird. Der Geist hat bildlich gesprochen das sinkende Schiff verlassen, das jetzt orientierungs- und führungslos auf dem Meer dahintreibt und seinem Untergang entgegensteuert.

Burn-Out – made by „Zeitgeist“:

Das Symptombild Burn-Out sollte uns eigentlich nicht überraschen. Burn-Out ist hausgemacht und Ausdruck eines kranken Zeitgeistes der geprägt ist von Hektik, Stress, Reizüberflutung, Vielfalt, Leistungsstreben, Beziehungslosigkeit & Unverbindlichkeit. Burn-Out ist so gesehen keine Strafe oder kein Ausdruck von Schwäche – sondern eine relativ absehbare und logische Konsequenz unseres Lebensstils und Ausdruck der Intelligenz unseres Organismus, der uns vor schlimmerer Schädigung und Selbstzerstörung schützen will. Wenn nichts mehr geht, sind wir gezwungen innezuhalten – denn unsere Seele ruft. Die Frage ist nur – hören wir ihre Rufe? Und wonach ruft sie?

„Sorry – ich hab keine Zeit“:
Wir haben keine Zeit mehr – wir leben nach dem Diktat unseres Terminplaners und wundern uns am Ende des Tages, dass wieder keine Zeit übriggeblieben ist – zum LEBEN. Die Lücken die uns untertags bleiben, füllen wir mit SMSn, dem Checken von Email oder „wichtigen“ Telefonaten. Wir sind immer erreichbar und unabkömmlich. Wir haben aus den Augen verloren, dass man Zeit nicht hat, sondern sich Zeit „macht“.

” … der Rhythmus, wo ich immer mitmuss“:
Wir müssen funktionieren – und zwar immer. Wir sind ständig schöpferisch, nehmen uns keine Zeit für schöpferische Pausen mehr und wundern uns warum wir dann früher oder später in der völligen Erschöpfung enden. Wir alle wissen, dass Leben gleich Rhythmus ist. Oder haben wir das vergessen? Nur der Puls der Zeit – IMMER und STÄNDIG – ist ein schlechter Ratgeber, denn er entspricht einer Flatline … und wir alle wissen aus Grey´s Anatomy was diese für einen Patienten bedeutet.

„Wohin?“ – „Egal – Hauptsache schnell!“:
Wundern wir uns wirklich warum unser Puls immer schneller wird bis er irgendwann mal total aus den Fugen gerät und W.O. gibt? Eine wirklich tiefe, wertvolle Beziehung zum Leben braucht Zeit, Zuwendung und Nähe. Qualitäten an denen wir im Eiltempo vorbeilaufen.

“Viel Lärm um Nichts – gar nicht reizend”:
Kaum gibt es Orte in einer Großstadt an denen man sich dem Lärm der Zivilisation entziehen kann. Autos, Flugzeuge, Baustellen, Handygespräche, flächendeckende Musikbeschallung … dazu kommt noch der unsichtbare „Lärm“ in Form von E-Smog und die Bilderflut von Werbeplakaten und anderen Medien. Ist es nicht fast einleuchtend, dass wir die zarte Stimme in unserem Inneren nicht mehr wahrnehmen und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen?

“Gegen jede Regel”:
Insgesamt gesehen geht uns beim Burn-Out Maß und Ziel verloren und wir leben in einer Art Ausnahmezustand. Der Putschversuch gegen den gesunden Menschenverstand ist geglückt und die Ausnahme wird plötzlich zur Regel. Stress wird zum Lebensgefühl. Und weil wir manchmal gar keine andere Idee mehr haben treten wir die Flucht nach vorne an uns brüsten damit immer mehr und mehr zu leisten und ständig am Limit zu sein – stets einen Fuß in der Tür zur „Exkarnation“.

Burn-Out als Ruf zur Transformation

Was können wir angesichts dieser Tatsachen tun? Den Kopf in den Sand stecken? Flüchten? Kämpfen? Aufgeben?
Möglich!
Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit, die unserem Mensch-Sein und der unbändigen Kreativität unseres Geistes mehr gerecht wird. Wir können diese Sackgasse „Burnout“ und Erschöpfung auch als Weckruf verstehen. Als letzten Aufschrei unserer inneren Stimme bevor diese ganz verstummt. Als Möglichkeit der Transformation und des Wachstums. Als spirituellen Lehrmeister.

Und damit kommen wir wieder zurück zum Sinn.
Ein guter Weg und eine kreative Lösung setzen immer am Sinn an.
Wir können uns fragen:

Unter welcher Flagge kämpfe ich eigentlich?

Wozu tue ich was ich tue? Mag ich es tun?
Gibt mir die Tätigkeit auch JETZT etwas? Will ich dafür Leben … gelebt haben?
Bin ich ein Original oder lebe ich eine Kopie?
Welche Werte verfolge ich?
Wer bin ich WIRKLICH und wozu lebe ich?

Es ist unverzichtbar Anzuhalten … Innezuhalten … und unsere Verletzlichkeit sowie die Endlichkeit und die Kostbarkeit des Lebens zu spüren … wieder spüren zu lernen.

Heilsame Wahrheit:

Wenn ich umkehren möchte, dann muss ich auch schonungslos ehrlich mit mir selbst sein. Das ist nicht die Zeit in der wir uns selbst als Schulterklopfer brauchen – sondern als intimen Freund der sich selbst fragt:

Warum mach ich all das was ich tue – selbst wenn es mir sichtlich schadet und mich nicht erfüllt?
Was ist der versteckte Gewinn meines Aktionismus?

Eine Sucht nach Anerkennung? Ein Streben nach Liebe? Ein Suchen nach Halt in einer haltlosen Welt? Ein pervertierter Versuch Nähe herzustellen der uns aber letztlich von uns und anderen entfernt? Ein Gefühl von Identität?

Eine „spirituelle Krankheit“ braucht „spirituelle Lösungen“:

Entspannung, Entlastung und Ruhe, sowie maßgeschneiderte und individuelle Maßnahmen für Körper, Psyche & Geist sind unbedingt notwendig – aber wenn die Frage nach dem letztlichen Sinn unseres Handelns in dieser Welt keine Klärung findet, dann werden wir immer wieder in die Fallen unserer Zeit tappen. Wenn nicht der Sinn unser Kompass wird und wir uns immer wieder die Zeit, den Raum und die Rahmenbedingungen schaffen um diesen Kompass zu befragen, dann werden wir steuerlos auf einem wilden Ozean umhertreiben – getrieben statt geführt.

Wahre Heilung kann sich nur von Innen nach Außen vollziehen.
Vom Sinn – hin zu einem sinnvoll gestalteten Leben.

Im zweiten Teil geht es um konkrete Wege aus dem Burnout!
Stay tuned …