Chiron´s Geschenk – wie Wunden zu Wundern werden
„Unsere Stärken erwachsen aus unseren Wunden – nicht TROTZ, sondern WEGEN unserer Wunden.“
Ich bin davon überzeugt, dass unsere seelischen Wunden uns nicht nur daran hindern zu wachsen, sondern dass unsere Wunden und die vermeintlichen Schwächen die daraus resultieren der stärkste Zündstoff für unsere größten Stärken und Qualitäten im Leben sind. Diese Überzeugung möchte ich aus mythologischer Perspektive beleuchten und mit meiner eigenen Erfahrung untermauern – damit auch Eure Wunden zu Wundern werden.
Der Mythos des Verwundeten Heiler´s
Chiron ist halb Mensch – halb Pferd. Ein Kentaur. Aber er ist ein besonderer seiner Art – denn er stammt von Kronos – vom obersten Gott der Titanen ab und ist somit unsterblich. Apollon selbst unterrichtet ihn in vielen Künsten und so wird er in Folge ein großer Heilkundiger, Pädagoge und Lehrer von Helden wie Achilles, Asklepios oder Herakles.
In einem Kampf trifft sein Schüler Herakles aus Versehen mit einem in Drachenblut getränktem Pfeil das Knie von Chiron. Der Pfeil wäre normal sofort tödlich – da Chiron jedoch unsterblich ist, leidet er Qualen an seiner Wunde, die weder heilt – noch zum erlösenden Tode führt. Jahrelang sucht er nach einer Kur – jedoch ist es eine Ironie des Schicksals, dass gerade der große Heiler sich selbst nicht heilen kann. Erst als er seine Unsterblichkeit opfert und anstatt dem gefesselten Prometheus in die Unterwelt geht, wird er schließlich von Zeus als Sternbild am Himmel wieder unsterblich gemacht.
Chirons Wunde und seine Heilungs-Wunder
Das Entscheidende in dieser Geschichte ist, dass Chiron der vom Gott der Heilkünste selbst erzogen wurde, sein eigenes medizinisches Heilsystem erst nach seiner Verletzung durch Herakles entwickeln und weitergeben konnte, wodurch er enorm viele Menschen heilte. Bezeichnenderweise spielt dabei als Medizin das giftige Drachenblut der Hydra eine große Rolle, welches in der richtigen Dosierung nicht tötet – sondern heilt.
Wozu brauchen wir Wunden
Unsere tiefsten Wunden veranlassen uns also wie Chiron dazu, uns mit unserer Heilung auseinanderzusetzen. Erstmal oft unbewusst. Durch die Erfahrungen, die wir dann aber in weiterer Folge machen, entwickeln wir Strategien um mit unserer Wunde umzugehen, die sich zu großen Stärken entwickeln können. Je tiefer die Wunde desto mehr Kreativität und Heilkraft braucht es um mit dieser Wunde leben zu können und desto größer das Potential eine Stärke daraus zu entwickeln.
Vom Mythos zur Realität
In meinem eigenen Leben war es zum Beispiel so, dass ich als Kind bis zu meinem 15ten Lebensjahr IMMER der Kleinste in meiner Klasse war. Schon damals hatte ich einen starken Eros, ein reges Gefühlsleben und verspürte eine starke Anziehung zu den Mädels. Leider haben sich die nur für Jungs interessiert, die viel größer und älter waren als ich und ich war einfach nur der „liebe“ und „süße“ Manuel. Das hat meinem Gefühl der Männlichkeit und Stärke natürlich einen kräftigen Knacks versetzt und ich hasste es als Mensch „süß“ zu sein aber als Mann nicht ernstgenommen zu werden. Da wir als Menschen aber eine grundlegende Kreativität besitzen und jeglichem Schmerz instinktiv vermeiden wollen, hab ich unbewusst die Flucht nach vorne angetreten und „süß“ sein zu einer regelrechten „Waffe“ entwickelt. Ich hab mich hauptsächlich mit Mädchen umgeben und bin zu ihrem Vertrauten geworden – zu ihrem Freund und ihrem Tröster. Ich war der, dem sie alles erzählen konnten. Ich habe gelernt mich auf sie einzustimmen und zu wissen was sie brauchen bevor sie es wussten. Ich habe dadurch meinen Selbstwert wieder repariert – bzw hab ich das versucht.
Und heute steh ich da und arbeite hauptsächlich mit Frauen – in einer Art und Weise in der genau diese Eigenschaften eine zentrale Rolle spielen. Eigenschaften die es mir ermöglichen mich in meiner Arbeit tief auf sie einzustimmen.
Licht und Schatten unserer Stärken
Die Stärken, die aus unseren chironischen Wunden erwachsen, haben Licht- und Schattenaspekte – für uns und für andere. Es geht gar nicht darum die Wunde zu heilen, sondern sie zu verstehen, Frieden damit zu schließen und sich darüber bewusst zu werden wie man die Stärken einsetzt, die daraus entstanden sind. Jede Wunde hat natürlich mit Flucht vor dem Schmerz, mit Linderung und Kompensation zu tun.
Ich kann zB. meine Arbeit mit Frauen ausüben, um daraus wieder und immer wieder meinen kindlich verletzten Selbstwert zu reparieren und jetzt eine Anerkennung zu bekommen, die ich damals nicht bekommen habe. Das gleicht dem Versuch ein Loch zu stopfen, welches nicht mehr zu stopfen ist – weil es in der Vergangenheit liegt. Dieser Versuch saugt an unserer Energie sowie an der Energie anderer Menschen, weil sie bewusst oder unbewusst den manipulativen Charakter unseres Tuns spüren.
Ich kann aber auch Frieden mit meiner Wunde und meinem Geworden-Sein schließen und immer wieder meine Handlungsmotive checken, damit die entstandenen Qualitäten zum Geschenk für mich und andere werden können. Wenn wir das nicht tun oder tun wollen, dann hat unser Schatten Macht über uns. Der Schatten steht in der Mythologie und der Psychologie für das Unbewusste. Früher oder später müssen wir ins Unbewusste reisen – so wie Chiron nach der Hingabe seiner Unsterblichkeit in die Unterwelt gereist ist, um dort seinem Schatten zu begegnen. In der Auseinandersetzung mit unserem Schatten finden sich unsere verdrängten und oft abgelehnten Teile in uns und unsere dunklen Handlungsmotive, die uns fehlen um auf einer tieferen Ebene ganz und damit bewusst zu werden. Die Bewusstheit darüber wandelt die eigene Energie, damit unser Schatz uns und anderen als volles Potential zur Verfügung steht.
Schritte zum Umgang mit der chironischen Wunde:
1) Akzeptanz
Sei Dir bewusst über den schicksalshaft unvermeidbaren Charakter der Wunden deines Lebens. Heilung geschieht im ersten Schritt über die Hinnahme und die Anerkennung Deiner Verletztheit. Deine Wunde ermöglicht es Dir, über Dich hinauszuwachsen und Dein Bewusstsein zu erweitern. Unser Leben wird leichter im Anerkennen der Paradoxe unseres Lebens – sowohl unseres bindend gewordenen als auch unseres unaufhaltsam befreienden Werdens.
2) Nicht loswerden sondern verstehen
Im Verstehen Deiner Wunde und deinem Umgang damit, erwächst Dir erst die Möglichkeit aus dem Kreislauf des Leidens auszusteigen. So lange du versuchst sie loszuwerden, gibst Du Energie hinein, welche das Rad des Leidens antreibt. Du wirst dann in der Folge Erlebnisse, die Dich an die Ur-Wunde erinnern als Verletzung durch andere Menschen erleben, die Dich immer wieder in die Vergangenheit katapultiert. Wenn sich die gleichen Wunden und Traumata immer wieder im Leben abspulen, dann zeigt Dir das, dass etwas in Dir nach Heilung ruft. Halte an – schau Deinen Wunden in einem Dir angemessenen Tempo ins Auge und … Erkenne Dich selbst!
3) Hilfe annehmen
Gerade Wunden die in Beziehung zu anderen entstanden sind, können auch nur in Beziehung heilen. Lerne Deine Hand auszustrecken und Hilfe anzunehmen. Das ist auch ein Akt der Demut und des Anerkennens gesunder und natürlicher wechselseitiger Abhängigkeit. Wir brauchen den Spiegel anderer weil wir unser Gesicht selbst nicht sehen können. Außerdem kann eine Auseinandersetzung mit tiefen Wunden sehr intensiv sein und dann ist es gut wenn Du jemanden hast, der Dich sicher durch die „Unterwelt“ geleitet.
4) Nach Perlen tauchen
Hast Du Deine Wunde erst einmal verstanden und Unterstützung von anderen, vertrauten Menschen, dann mach Dich daran nach Perlen in ihr zu tauchen. Manche Muscheln haben die Fähigkeit Perlen in ihrem Inneren auszubilden, nachdem sie “verletzt” worden sind und ein Fremdkörper in sie eingedrungen ist. So kann auch aus Deinen Verletzungen nach einem Selbstheilungsprozess ein Schatz entstehen. Dieser Schatz hat die Macht zu heilen und die Macht zu verwunden. Du hast somit die Verantwortung zu lernen, mit dieser „Waffe“ weise und kunstvoll umzugehen indem Du Dich immer wieder bewusst damit auseinandersetzt.
5) Wiederverbindung mit dem Körper
Weil selbst seelische Wunden sich körperlich schmerzvoll anfühlen, tendieren wir oft dazu, aus unserem Körper zu gehen. Dein Körper ist aber der beste Spiegel, der Dir zeigt wo Du mit deinem Thema stehst. Er ist ein Schlüssel um an unbewusstes Material in Dir heranzukommen. In der Verbindung mit Deinem Körper bekommst Du Zugang zu Deinen Instinkten, Deinem Bauchgefühl, Deiner Intuition, Deiner sexuellen Vitalität, Sinnlichkeit und damit auch Lebenskraft. Chiron symbolisiert als Kentaur die starke Verbindung zu dieser Kräfte und die Überwindung der Körper-Geist Polarität.
6) Deinen einzigartiger Beitrag leisten
Wenn Du bewusst mit Deiner Wunde umgehst und Deine Stärken und Qualitäten verfeinert hast, dann geh raus und zeig Dich damit. Versteck Dich nicht länger hinter Deinem Schutzpanzer. Erzähl Deine Story und inspiriere damit andere Menschen. Du hast so viel erfahren und kannst gerade Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und ähnlichen Wunden im tiefsten Kern verstehen. Sie werden froh sein, wenn Du Dich zu erkennen gibst und ein Teil ihrer Heilungsgeschichte wirst. So kannst Du durch Deine individuelle Wunde einen Beitrag zum Großen und Ganzen leisten – zur kollektiven Heilung. So wirst auch DU zu Chiron – dem verwundeten Heiler.
Unsere Zukunft gestalten indem wir unsere Vergangenheit anerkennen
Wenn wir die Geschichte von Chiron verstehen, dann wird uns klar, dass unsere Stärken oft in unseren Wunden wurzeln. Und zwar nicht trotz – sondern gerade wegen unserer Wunden. Wir haben unsere Lebensgeschichte nicht unter unserer Kontrolle – aber wir haben es in unserer Hand, was wir daraus machen. Wir müssen uns nicht immer von unseren Mustern befreien – wir können uns einfach dafür entscheiden, sie bewusst einzusetzen. Anstatt uns zu verändern, können wir unser Geworden-Sein einfach benutzen – als Geschenk an die Welt.
„Glücklich sein ist nur ein Weg zu wählen, das zu tun, zu dem wir verdammt sind es zu tun.“
(A. Camus)
Welche Stärken hast Du, die aus einer Wunde erwachsen sind?
Welche Schatten liegen darin? Welchen Erfahrungen weichst Du immer noch aus?
Welche Lichtseiten? Wie hilfst Du anderen dadurch?
Wie kannst Du bewusster damit umgehen? Sie verfeinern?
Wie verbirgst Du Deine Wunden und wieviel Energie kostet Dich das?
Welche ewigen Narben gilt es zu akzeptieren? Was kannst Du daraus machen?
Wo kannst Du lernen Deine Hände auszustrecken?
Bei der Transformation welcher Wunde könntest Du Hilfe brauchen?
Wenn Du Hilfe beim Umgang mit Deinen Wunden oder die Reise in die „Unterwelt“ brauchst, dann bin ich gern für Dich da. Im Verstehen unserer Lebensgeschichte ist mir immer wieder die Evolutionäre Astrologie die ich in meinem „Magischen Coaching“ verwende eine riesige Hilfe und ein Geschenk. Auch die Einbeziehung des Körpers in Form von körperorientiertem Coaching oder Körperarbeit sind wichtige Schlüssel zur Ganz-Werdung und Heilung.
Wenn Du mehr erfahren willst, dann klicke HIER