Das Tier in Dir – wie Menschen sich verändern

Wie Erfahrungen aus der Tierkommunikation & Traumatherapie unser Leben bereichern und zu unserem Wachstum beitragen können


Inspiriert zu diesem Artikel hat mich diesmal eine berührende Videosequenz mit Gänsehautqualität aus dem Dokumentarfilm „The Animal Communicator“ über Anna Breytenbach. Dort wird gezeigt, wie diese Frau mit einem traumatisierten schwarzen Panther names „Diabolo“ arbeitet und ihn durch ihre Interaktionen von einem gefährlichen, angriffslustigen Tier in eine anmutige, stolze aber ruhige Raubkatze verwandelt, deren Name dann in „Spirit“ geändert wird.

Ich empfehle Dir, diese 12-minütige Videosequenz unten anzusehen, wenn Du gerade Zeit und Ruhe hast. Du kannst den Artikel aber auch weiterlesen, wenn Du jetzt keine Gelegenheit hast, das Video zu schauen.

Wir haben nicht eines – sondern 3 Gehirne

Aus der Hirnforschung wissen wir, dass unser Geist aus verschiedenen Teilen besteht, die entwicklungsgeschichtlich gesehen verschieden alt sind. Diese 3 Teile heißen Neocortex, Limbisches System und Stammhirn. Dabei steuert der bewusste, rationale Teil – der Neocortex – nur einen kleinen Teil unserer Handlungen und unseres Erlebens. Diesem neueren, rationalen Teil des Gehirns steht das ältere, emotionale Gehirn in Form von Limbischen System und Stammhirn gegenüber. In jedem von uns steckt also – wenn man es vereinfacht ausdrücken möchte – mehr Tier als Mensch.

Wer sich grundlegend verändern will, muss mir dem Tier in sich kommunizieren

Die Erkenntnis, dass wir mit dem Tier in uns in Kontakt treten müssen, ist ein Schlüssel dafür, dass wir Menschen uns grundlegend verändern. Wir müssen lernen, wie wir das Vertrauen dieses Tieres gewinnen und ihm Sicherheit vermitteln. Erst wenn das Tier in uns sich sicher fühlt, kann es sich entspannen. Erst dann haben wir vollen Zugang zu unserem rationalen, menschlichen Verstand. Das ist ein Grund, warum viele therapeutische Ansätze versagen oder unzureichend sind, die rein auf verbal – logischer Ebene arbeiten. Auch viele gängige Werkzeuge und Techniken aus der Esoterik oder Selbsthilfe-Bewegungen sind zum Scheitern verurteilt bzw. bewirken nur vorübergehende und oberflächliche Veränderungen.

Zentaurisches Bewusstsein

ChironMcAnndraEinen der größten Bewusstseinssprünge der Menschheit können wir meiner Meinung nach vollziehen, wenn wir endlich anerkennen, dass Körper und Geist eine Einheit sind. Sie beeinflussen sich nicht nur gegenseitig – sie sind im Grunde eins und jede Ebene findet unmittelbar in der anderen ihren Ausdruck. Ein treffendes Symbol für diese Ganzheitlichkeit ist der Zentaur. Halb Pferd – halb Mensch, stellt sein Unterkörper unsere animalische Natur dar und sein Oberkörper unsere vernunftbegabte Seite, die den Bogen in Händen hält, welcher fähig ist, den Pfeil der Erkenntnis abzuschießen.

Während wir den oberen Teil vor allem verbal erreichen, treten wir mit dem unteren über Atmung, Bewegung und Berührung in Kontakt. Gerade wenn wir unter Stress stehen oder mit stressbehafteten Teilen unserer Vergangenheit in Kontakt kommen, ist es so, als würde unser inneres Pferd entweder vor Schreck erstarren („Freeze-Reaktion“) oder wild mit uns durchgehen („Fight-Flight-Reakton“). Wenn das der Fall ist, hat es wenig Sinn, mit dem Reiter über die eingeschlagene Richtung zu diskutieren, denn das Pferd hat das Kommando. Erst wenn sich das Pferd wieder sicher fühlt und der Kontakt mit ihm bewusst hergestellt ist, dann kann der Reiter steuernd eingreifen.

Wie können wir von „Diabolo“ zu „Spirit“ werden?

Ich möchte nun 6 Prinzipien mit jeweils 2 Qualitäten anführen, welche sowohl in der oben angeführten Filmsequenz – als auch in modernen Traumatherapien (wie zB Somatic Experiencing, Somatische-Emotionale-Integration oder Sensomatoric Psychotherapie) – eine grundlegende Rolle spielen.

Achtsamkeit & Präsenz

Die grundlegende Haltung im Umgang mit uns selbst und anderen ist Achtsamkeit und liebevoller Präsenz. Diese wirkt sofort auf uns und unser Gegenüber und zeichnet sich dadurch aus, dass wir ganz in unserem Körper sind (grounding), uns in unsere Mitte bringen (centering) und unseren inneren Raum und unsere Grenzen spüren (bounding). Diese Fähigkeiten sind nicht nur Grundpfeiler jeder Traumatherapie sondern auch Basics in Kampfsportarten und anderen körperorientierten Künsten.

Anna nähert sich dem Panther in einer Haltung der Achtsamkeit, Gewaltlosigkeit und mit höchstem Respekt für seine Grenzen.

Liebe & Einstimmung

Als nächstes sieht man wie sich Anna – ohne jegliche Worte – auf das Tier einstimmt und einen authentischen Kontakt herstellt (bonding).

Wir machen in unserem Alltag oft den Fehler, dass wir mit Anderen nur auf der kognitiven und verbalen Ebene Kontakt herstellen und vergessen, dass wir für eine ganzheitliche Einstimmung lernen sollten, auch auf körperlicher und emotionaler Ebene in Resonanz zu gehen.

Langsamkeit & Stille

Die nächste Zutat ist Langsamkeit. Gerade in unserer schnellen Zeit ist sie ähnlich kostbar und selten wie Safran oder echte Vanille. Denn gerade diese Zutaten geben einer Speise ihren unverwechselbaren Geschmack.

Anna nähert sich dem Panther behutsam, setzt sich in einem respektvollen Abstand vor seinen Käfig und macht nichts anderes als zu lauschen und abzuwarten.

Aus den ersten 3 Qualitätspaaren, ergibt sich automatisch ein Viertes:

Sicherheit & Vertrauen

Wenn jemand Deine Achtsamkeit und Einstimmung spürt, wenn er merkt, dass Du ihm Zeit gibst und dass Du keine Erwartungen hast, dann kann sich sein System entspannen und es entwickelt sich eine tragfähige Basis von Sicherheit und Vertrauen.

Ein Schlüssel dafür, dass „Diabolo“ sich beruhigen kann ist laut Anna, dass er das Gefühl bekommt, dass keine Forderungen und keine Erwartungen an ihn gestellt werden. Das nimmt ihm eine schwere Last von seinen Schultern.

Selbstregulation & Neugier

Dieses Vertrauen öffnet neue Räume. Anstatt sich aus Vorsicht und Angst an den möglichen Erwartungen der anderen zu orientieren, kann sich der Fokus wieder auf uns selbst richten. Wir können aus alten Filmen aussteigen und erfahren, wie es sich anfühlt im Hier und Jetzt zu leben. Wir verändern unsere Wahrnehmung und schaffen neue Bahnungen und Perspektive in unserem Nervensystem. Unser Neocortex kann langsam das Steuer übernehmen und unsere diabolischen Schutz- und Abwehrhaltungen können langsam aber sicher schmelzen. Unser ganzes System kann sich selbst regulieren. Es kommt zu einer Neuorientierung und es erwacht ein ganz natürlicher Spiel- und Explorationstrieb.

Nur wenige Stunden nachdem Anna mit Diabolo gearbeitet hat, kann er sich beruhigen und setzt das erste Mal nach zwei Jahren einen Fuß in das Freigehege.

Spiegelung & Akzeptanz

In dieser Phase schaffen wir es dann, uns ganz und gar sicher zu fühlen und dadurch neue Formen des Kontakts zuzulassen, die durch einen wachen aber entspannten Augenkontakt, lebendige Mimik, bewusstem verbalen Ausdruck und reicher Stimmmodulation zu erkennen sind. Es wird uns möglich andere in unserer Umgebung zu spiegeln und es wahrzunehmen gespiegelt zu werden. Dadurch erleben wir sowohl unsere Verbundenheit als auch unsere Einzigartigkeit.

Anna zeigt dem Panther von Anfang an ihre bedingungslose Akzeptanz. Sie lässt ihn sein wie er ist und kommuniziert seinem Besitzer, dass er dafür respektiert werden möchte, was er in seiner tiefsten Essenz ist. Ein stolzes, kraftvolles und würdevolles Wesen, welches nicht auf seinen „diabolischen“ Schutzpanzer reduziert werden will. Diabolo mag seinen Namen nicht und will, dass dieser geändert wird. Sein Besitzer respektiert diesen Wunsch und spiegelt ihn, indem er ihn schließlich in „Spirit“ umtauft.

Wenn Du den ganzen Film (auf Englisch) sehen möchtest, dann findest Du ihn HIER

Wenn Du Lust hast mehr darüber zu erfahren, wie Du in der richtigen Art und Weise mit deinem inneren Tier sprichst, dann kann ich Dir folgendes Buch ans Herz legen:
Sprache ohne Worte – Peter Levine
Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die Innere Balance zurückführt. 
Nicht nur aus der Perspektive der Traumatherapie interessant. Zeigt wie immens wichtig die Verbindungen zu unserem Körper und unserem Unbewussten ist, wenn wir im Leben wachsen wollen. 

Wenn Du mit Menschen arbeitest und Lust hast, in diese und weitere Prinzipien aus der Traumatherapie einzutauchen, dann kann ich Dir folgende Veranstaltung im Herbst 2017 empfehlen:

Trauma – Basics für Bodywork & Coaching – 28 / 29. 10. 2017 in Wien
Basiswissen für eine traumasensitive / traumainformierte Arbeit mit Klienten
mit Gregor Steinmaurer

Bist Du selbst gerade mit dem Tier in Dir im Clinch und möchtest ein Problem anpacken oder Dich einer Herausforderung stellen, dann lade ich Dich gern auf ein Erstgespräch ein, um meine Arbeit kennenzulernen, welche oben genannte Prinzipien berücksichtigt. Vielleicht ist es auch für Dich Zeit Dir einen neuen Namen zu suchen 🙂 

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