Das heilende Potential sinnlich-erotischer Massage

In meinem Sexological Bodywork Training ist mir vor einiger Zeit ein Artikel untergekommen der sich mit dem GRÖSSTEN TABU in der Körperarbeit auseinandersetzt – der Artikel hat mich tief berührt. Geschrieben von Ben Haggard, einem Masseur und Sexological Bodyworker, der seit über 15 Jahren Erfahrungen mit Taoistisch-Erotischer Massage / Tantramassage an vielen Hunderten Männern und Frauen gesammelt hat.

Ich habe im ersten Teil seine Kernaussagen über das größte Tabu im Massageberuf aus dem Englischen übersetzt und zusammengefasst, dann das heilende Potential Erotischer Massagen auf 4 Ebenen beschrieben und abschließend angeführt was aus meiner Sicht notwendige Voraussetzungen sind, um die von Ben Haggard beschrieben Erfahrungen auf eine sichere Art und Weise machen zu können.

Das größte Tabu in der Körperarbeit und seine Auswirkungen

„Eine der größten Schwächen von konventioneller Körperarbeit ist das Tabu von erotischer Berührung während einer Massage. Es ist ein Tabu das so weitverbreitet und stark ist, dass es in herkömmlichen Massageschulen so gut wie gar nicht hinterfragt wird. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass dieses Tabu nicht nur unnötig, sondern sogar schädlich ist und gegen die tiefsten und fundamentalsten Prinzipien der Heilberufe verstößt.

Bodyworker werden darin geschult, ihren Klienten beizubringen, dass ihre Körper schön und empfindungsfähig sind und dass der Körper durch Berührung wertgeschätzt und geheilt werden kann. Und sie werden dazu aufgefordert dies mittels ihrer Hände jeder Körperzelle ihrer Klienten zu vermitteln – bis auf ihre Genitalien und ihren Anus. Ich denke, dass die Tabuisierung dieser Körperzonen und die Verweigerung dieser Art von Berührung eine eigene Botschaft an den Körper der Menschen schickt – nämlich: diese Körperteile sind irgendwie „unberührbar“ oder „unrein“ und nicht in der selben Art und Weise Bestandteile der Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit des Körpers, wie alle anderen Körperregionen. Diese „Verwundung“ durch Nicht-Berührung ist deshalb dramatisch, da gerade diese Körperteile schon oftmals tiefe Wunden und Narben tragen – hervorgerufen durch Missbrauch, Gewalt, Schmerz, Scham oder die Missachtung eigener Grenzen. Wenn Bodyworker es also verabsäumen, diese Körperteile zu berühren, verpassen sie nicht nur die Möglichkeit für tiefgehende Heilung, sondern verstärken nur die Gefühle von Scham und erinnern uns indirekt an unsere bewussten oder unbewussten Eindrücke von emotionalem oder körperlichem Missbrauch.“
(Ben Haggard)

Das heilende Potential von Sinnlich-Erotischer Berührung:

Erotisch-Sinnliche Berührung und die Einbeziehung der Genitalien in die Massage – wie zB in der Tantramassage oder anderen sinnlichen Massageformen kann auf mehreren Ebenen heilsam wirken:

1) Genuss & Freude

Das sinnliche Vergnügen einer Massage ist eine der schönsten Möglichkeiten Wohlbefinden und Lebensfreude zu spüren. Das Einbeziehen erotischer Berührung erweitert und bereichert das Lustempfinden und führt viele Menschen in die unmittelbare Erfahrung von Lebendigkeit. Es ist einfach wunderbar, sinnlich berührt und erweckt zu werden und die Energien im Körper vibrieren zu spüren. Wenn wir genauer hinsehen, werden wir bemerken, dass die Trennlinie zwischen angenehmen, sinnlichen und erotischen Empfindungen eine künstliche und überflüssige ist – denn sie alle gehören dem natürlichen Spektrum menschlichen Erlebens an und gehen fließend ineinander über. Über sinnlich-erotische Berührung kommen wir mit unserem Eros und unserem orgastischem Potential in Kontakt – welches uns Menschen im Kern dazu befähigt ein volles, reiches, sinnvolles und lebendiges Leben zu führen.

2) Heilung

Der Genuss und die Sinnesfreude aus Punkt 1 hat an sich schon heilende Wirkung. Darüberhinaus hat die Kombination von Achtsamkeit und Berührung – mit einem Fokus auf Atmung, Stille und / oder Stimme die Kraft auch tief in den emotionalen Körper hineinzuwirken und dort festgefahrene Strukturen und festgehaltene Emotionen zu befreien. Den Eros zu erwecken und ihn im Körper zirkulieren zu lassen, kann Heilungsprozesse im ganzen Körper und im Immunsystem in Gang setzen. Gefühle von Ablehnung, Schuld, Scham und Erfahrungen von Verletzungen und Traumen sind oft im Gewebe der Genitalien gespeichert und können durch achtsame, liebevolle und nährende Berührungen eine Art Re-Programmierung erfahren. Wenn die Bodyworker eine Haltung von bedingungsloser Akzeptanz, tiefer Wertschätzung und starker Präsenz gepaart mit bewusster Berührung in die Begegnung miteinbringen, dann hat so eine Arbeit ein enorm heilendes Potential.

3) Wachstum & Transformation:

Die Erfahrung von erotischer Berührung in einem heilenden und geschützten Feld wirkt heilsam. Der Fakt, dass Du während dieser Massagen aber immer wieder das Gefühl vermittelt bekommst, dass DU Deine Erfahrung bestimmen, verändern, verstärken, dämpfen oder ändern kannst, baut ein enormes Vertrauen in Deine Selbstwirksamkeit auf. Du lernst Dir selbst zu vertrauen und kannst so den Schritt vom Opfer zum Gestalter machen. Du spürst am eigenen Körper, dass DU deinem Leben Richtung geben kannst. Diese Erfahrung ist für viele stärkend, nährend und lässt sie wachsen.

4) Liebe & Spiritualität:

Zuguterletzt gibt es gerade in Massagen die erotische Berührung beinhaltet Momente großer Freude, Lust und Ekstase – aber auch der Stille, des Friedens und einem Gefühl von bedingungsloser Liebe. Man kann Erfahrungen mystischer Natur machen – Erfahrungen der Verschmelzung. Du kannst Erotische Massagen in Deinen spirituellen Weg integrieren – ja Du kannst sie sogar zu Deinem spirituellen Weg machen. Es ist ein Weg der Dich nicht aus deinem Körper oder von Mutter Erde entfernt – ganz im Gegenteil – es ist ein Weg der Dich tiefer in Deinen Körper verankert und mit beiden Füßen fest auf der Erde stehen lässt. Und gerade deswegen bist Du dann auch dem Himmel einen Schritt näher. Es ist ein Weg der verkörperten Spiritualität – die Vereinigung von Sex & Spirit.

Schön und gut denkst Du Dir vielleicht. Aber wie ist es möglich solch ein Tabu zu sprengen, wenn wir auf persönlicher und kollektiver Ebene noch so viele Wunden der Vergangenheit in uns tragen?

How to „play it safe“

Aus meiner Erfahrung gibt es ein paar Rahmenbedingungen die diesen Sprung ermöglichen – sofern man das möchte:

1) Such Dir einen sicheren Platz:
Such Dir für diese Art von Arbeit einen Menschen aus, bei dem Du Dich absolut sicher und gehalten fühlst. Dazu musst Du nicht erst 2 Wochen Urlaub mit ihm verbringen. Vertrau Deinem Körper – der spürst oft besser als Dein Kopf, bei wem Du Dich öffnen kannst.

2) Folge dem Vertrauen:
Wo Du Vertrauen spürst, wo DU spürst, dass Du gesehen und akzeptierst wirst wie Du bist – wo Dich ein Hauch von bedingungsloser Liebe einhüllt – da lasse Dich nieder.

3) Such Dir jemanden der Dich in Deine Kraft bringt:
Stell Dich selbst an die erste Stelle. Sei Dir bewusst, dass die Erfahrung für DICH ist, wenn Du empfängst. Es sollte Dir egal sein, was der Andere will. Such Dir einen Masseur / Bodyworker der Dich dabei unterstützt und immer wieder daran erinnert, dass DU im Zentrum des Geschehens bist. Jemanden der Dich in Deine Kraft bringt und mit Dir gemeinsam herausfindet, was Du wirklich willst und diesem Wunsch dann auch folgt.

4) Langsam, langsam, langsam …
Bewusstheit gedeiht in der Langsamkeit. Langsamkeit lässt Dich mehr spüren und vertieft Deine Erfahrung. Lass Dich NIE drängen und versuch Dich immer wieder selbst anzuhalten, wenn Du wieder mal dabei bist, Dich selbst zu überholen. Geh den Weg der kleinen Schritte. Entspanne Dich in die Erfahrung und Deine Empfindungen. Atme. Wenn Du Deine Komfortzone dehnst, dann dehne sie langsam. Du bestimmst welche Schritte DU gehen magst und welche nicht. Wenn Du es eilig hast, geh langsam.

5) Ehre Deine Erfahrung:
Beim Empfangen geht es immer um die Erfahrung die Du GERADE in diesem Moment machst. Vertraue dieser Erfahrung bedingungslos. Wenn sich etwas nicht „richtig“ anfühlt, dann STOPPE sofort. Es geht nicht darum was Du fühlen solltest, sondern darum, was Du tatsächlich fühlst. Hab den Mut das zu kommunizieren, was in die lebendig ist. So findest Du zu Deiner Authentizität und es entsteht echter Kontakt.


An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Betty Martin bedanken, bei der ich so gut wie bei keinem anderen Menschen zuvor lernen konnte, wie man für Menschen einen sicheren Raum des Vertrauens schafft, sie in ihre Kraft bringt, sie dabei unterstützt herauszufinden, was sie wirklich wirklich wollen und ihnen zu zeigen wie man danach fragt. Unten ein Video-Interview das ich nach einem Workshop mit ihr geführt habe. Sehr zu empfehlen 11:10 bis 17:00 – über Urteile und Verurteilung in der Sexualität – auch in alternativen Strömungen wie Tantra etc. … den “split” zwischen “guter-heiliger” Sexualität und Sexualität nur für Spaß & Lust. 

Unser Beitrag:

Paulina arbeitet seit einigen Jahren mit Frauen am Thema Weiblichkeit. Tantramassagen und Yonimassagen sind ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit und es ist schön zu sehen, welche tiefgehende Wirkung diese Arbeit auf den physischen und emotionalen Körper der Frau haben kann. Vielen Frauen fällt es leichter, sich einer Frau anzuvertrauen und sich dort richtig fallen zu lassen.

Wenn es um die Heilung der Wunden zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen geht, kann es für eine Frau aber auch wichtig sein, gerade bei einem Mann einen sicheren Ort des Vertrauens zu finden, sich in seiner Präsenz zu entspannen und sinnliche Berührung auf eine Art und Weise zu erfahren, die frei ist von Angst, Schmerz, Druck oder Manipulation.

Paulina und ich freuen uns über Kommentare (ganz unten) und den Besuch unserer speziellen Angebote bezüglich sinnlicher Berührung 😉

Paulina:
www.pauluna.at


Manuel:

https://www.salamanderblut.at/tantramassage-fuer-frauen

Alles Liebe & viel Freude auf Deiner sinnlichen Reise,
Manuel

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